Inklusion? Klar, aber bitte nur bis zum Frühst...

Inklusion? Klar, aber bitte nur bis zum Frühstücksbuffet

Inklusion? Klar, aber bitte nur bis zum Frühstücksbuffet

Wie ihr ja wisst, bin ich ziemlich viel unterwegs. Hotels, Veranstaltungen, Sport – das volle Programm. Dabei bin ich nicht nur passionierter Hotelgast, sondern auch jemand, der sich ganz gut mit dem Thema Inklusion und Barrierefreiheit auskennt. Nicht, weil ich das irgendwo gelesen habe, sondern weil ich selbst betroffen bin. Praktische Feldstudien inklusive – fast täglich.

Nun war ich also mal wieder auf Tour und, Überraschung, habe erneut die Erfahrung gemacht, dass Inklusion in vielen Fällen vor allem eines ist: eine schicke Marketing-Vokabel. Denn sobald’s ans Eingemachte geht, also den Alltag – in meinem Fall das Frühstücksbuffet – hört der Spaß auf.

Das Hotel warb übrigens mit einem „reichhaltigen Frühstück“. Blöd nur, dass die Reichhaltigkeit sich mir in luftiger Höhe präsentierte. Knapp 1,70 Meter über dem Rollstuhl-Niveau – sozusagen Frühstück für Giraffen. Oder Leute, die sich nicht in Bodennähe bewegen müssen.

Ich, ganz höflich wie immer, frage also nach: „Entschuldigung, wie genau soll ich denn als Rollstuhlfahrer selbstständigan das Buffet kommen?“ Die Antwort? Ein Klassiker: „Ich kann Ihnen ja helfen.“
Ah, danke. Fast hätte ich vergessen, dass „selbstständig“ offensichtlich ein Fremdwort ist. In der Welt von echter Inklusion ist Hilfe zwar nett gemeint, aber genau das Gegenteil von dem, was angestrebt wird: Unabhängigkeit.

Natürlich habe ich freundlich darauf hingewiesen, dass Inklusion bedeutet, dass man Dinge so gestaltet, dass Menschen sie ohne Hilfe nutzen können. Ich meine, das ist ja der ganze Sinn. Aber gut – man kann’s nicht oft genug sagen.

Noch interessanter wurde es, als ich nach einer Lösung fragte. Man sagte mir, die Buffet-Höhe sei von der Zentrale so vorgegeben. Aha. Zwei Optionen, die sich daraus ergeben:

  1. Mitarbeitende vor Ort dürfen oder wollen nicht selbst denken.

  2. Die Chefetage lebt irgendwo zwischen PowerPoint-Präsentationen und Hochglanzbroschüren und hat den Bezug zur Realität der Gäste komplett verloren.

Inklusion wird heute leider oft auf ein „behindertengerechtes“ Zimmer reduziert, in dem ich mir (großer Fortschritt!) selbstständig die Zähne putzen darf. Aber wehe, ich will mir dann noch eigenständig ein Croissant holen. Dann wird’s kompliziert.

Fakt ist: Solange Inklusion nicht bis zu Ende gedacht wird, bleibt sie ein halbes Versprechen. Und solange Selbstständigkeit durch schlecht durchdachte Strukturen verhindert wird, bleibt Barrierefreiheit ein Begriff für Werbeprospekte – aber nicht für den Alltag.


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Cookies & Skripte von Drittanbietern

Diese Website verwendet Cookies. Für eine optimale Performance, eine reibungslose Verwendung sozialer Medien und aus Werbezwecken empfiehlt es sich, der Verwendung von Cookies & Skripten durch Drittanbieter zuzustimmen. Dafür werden möglicherweise Informationen zu Ihrer Verwendung der Website von Drittanbietern für soziale Medien, Werbung und Analysen weitergegeben.
Weitere Informationen finden Sie unter Datenschutz und im Impressum.
Welchen Cookies & Skripten und der damit verbundenen Verarbeitung Ihrer persönlichen Daten stimmen Sie zu?

Sie können Ihre Einstellungen jederzeit unter Datenschutz ändern.