Schöne Bescherung – Wenn der Fahrstuhl stillst...

Schöne Bescherung – Wenn der Fahrstuhl stillsteht

Schöne Bescherung – Wenn der Fahrstuhl stillsteht

Es gibt Tage, da wünscht man sich, alles wäre ein schlechter Scherz. Weihnachten, das Fest der Liebe, der Familie und der gemeinsamen Zeit, entpuppte sich für mich dieses Jahr als unfreiwillige Lektion in Bürokratie, Verantwortungslosigkeit und technischer Abhängigkeit. Eine Lektion, auf die ich liebend gern verzichtet hätte.

Ein Sechser im Lotto – und sein Preis

Wer, wie ich, im Rollstuhl sitzt und auf der Suche nach einer barrierearmen oder gar barrierefreien Wohnung ist, weiß: Solch eine Immobilie zu finden, fühlt sich an wie ein Sechser im Lotto. Die Realität der Barrierefreiheit in Deutschland hat mit den wohlklingenden Versprechen in Broschüren und Gesetzestexten meist wenig zu tun. Doch selbst dieser „Gewinn“ hat seinen Preis – technische Abhängigkeit. Denn was bringt die schönste barrierefreie Wohnung, wenn der Fahrstuhl ausfällt und man buchstäblich gefangen ist?

Wenn Technik versagt – und Bürokratie triumphiert

In meinem Fall geschah das Unausweichliche an Heiligabend. Der Fahrstuhl in unserem relativ neuen Wohnhaus beschloss, seinen Dienst zu quittieren. Ein Ereignis, das nicht neu ist, denn der Aufzug fällt zuverlässig zwei- bis viermal im Jahr aus. Doch diesmal traf es mich mit voller Wucht. Heiligabend – allein in meiner Wohnung, unfähig, am Familienleben teilzunehmen.

Natürlich gibt es eine Störungsstelle. Natürlich habe ich angerufen. Doch was folgte, war eine absurde Bürokratie-Odyssee. Die Wohnungsgesellschaft nahm den Fall „auf“, wie ein Sekretariat ein Memo ablegt. Die Herstellerfirma des Aufzugs hingegen verwies auf Verträge, die vorsehen, dass sie erst tätig werden können, wenn der Fall offiziell über die Störungsstelle der Wohnungsgesellschaft gemeldet wird. Weihnachten? Dringlichkeit? Fehlanzeige.

Gefangener der Umstände

Manche mögen denken: „Zum Glück warst du wenigstens in deiner Wohnung, nicht davor.“ Ein schwacher Trost. Was wäre gewesen, wenn ich abends nach Hause gekommen wäre? Hätte ich auf einer Parkbank übernachten sollen? Ein Hotel suchen? Diese Gedankenspiele führen mir schmerzlich vor Augen, wie fragil meine Bewegungsfreiheit ist – abhängig von funktionierender Technik, auf die ich keinerlei Einfluss habe.

Eine einsame Entscheidung

Der Ausfall des Fahrstuhls führte zu einer Entscheidung, die mir schwerfiel, aber unumgänglich war. Ich wollte nicht, dass meine Frau und meine Familie unter dieser Situation leiden müssen. Also blieb ich allein in der Wohnung, während sie zum Weihnachtsabend ging. Es war das erste Mal, dass ich Heiligabend allein verbracht habe. Ich habe versucht, mich zu beschäftigen, um nicht ins Grübeln zu geraten. Doch irgendwann holt einen die Einsamkeit ein, und die Frage: Warum muss es so weit kommen?

Die Absurdität des Alltags

Die eigentliche Ironie? Häufig sind die Ursachen für solche Fahrstuhlausfälle lapidar: ein verklemmter Kieselstein, ein fehlerhaftes Software-Update. Kleinigkeiten, die mit etwas Einsatz schnell behoben wären. Doch stattdessen zementiert eine Kette aus Zuständigkeiten, Verträgen und Bürokratie die Hilflosigkeit.

Fazit: Barrierefreiheit? Eine Illusion

Dieses Weihnachten war nicht das schlimmste meines Lebens – aber es war verdammt nah dran. Es hat mir einmal mehr gezeigt, wie wenig Pragmatismus und Verantwortungsbewusstsein in solchen Situationen herrschen. Statt Lösungen zu suchen, verliert man sich in Prozessen. Statt Menschen zu helfen, schützt man Verträge.

Schöne Bescherung, Deutschland.


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