Ich werde oft gefragt: „He Sven, wenn du Karate im Rollstuhl, dann hast du doch sicher einen Spezial-Rollstuhl, den du immer zum Training nimmst?!“ Meine Antwort ist dann meist ganz kurz und knapp: „Nein hab ich nicht, weil es eigentlich nicht notwendig ist.“

Eine Erklärung ist meiner Meinung nach ganz einfach. Rollstuhlfahrer die Interesse am Para-Karate, genauer dem Rollstuhl-Karate haben, sollten dies in ihrem Alltags-Rollstuhl machen. Man sollte auf jeden Fall gut Rollstuhl fahren können und seinen Rollstuhl beherrschen. Es ist ja so, um die einzelnen Techniken im Para-Karate bzw. Rollstuhl-Karate machen zu können, muss man sich bewegen. Das ist super, denn das müssen die „Läufer“ im Karate auch. Nur mit dem Unterschied, dass sie sich mit den Beinen fortbewegen können und die Karate-Techniken auf Arme, Hände und Beine aufteilen können. Wir Rolli-Fahrer müssen Bewegung und Techniken allein mit den Armen und Händen kombinieren. 

Jetzt denken bestimmt einige von euch: „Ha ha, wie soll das denn funktionieren?“ Das funktioniert sogar sehr gut. Wenn man seinen Rollstuhl richtig beherrscht braucht man sich, aus meiner Sicht keine Gedanken um die Fortbewegung zu machen. Weil man ja weiß wie der Rollstuhl rollt und wieviel Kraft man einsetzen muss um an einen bestimmten Punkt zu kommen. Das heißt man kann seine ganze Konzentration den Karate widmen. Um dies machen zu können, muss man seinen Rollstuhl kennen. Und das geht am Besten in dem Rollstuhl, mit dem man den ganzen Tag unterwegs ist.

Bei mir ist es sogar so, dass ich die Fahreigenschaften meines Rollstuhles fühle. Mein Rollstuhl ist für mich Beweglichkeit und „Ritterrüstung“ in Einem. So könnte ich mich zu Beispiel im Rahmen der Selbstverteidigung in den Gegner rein drehen, ohne das ich extra Handgriffe für die Bewegung aufzubringen. Ich nutze in dem Moment die Standfestigkeit des Gegners. So wird der Rollstuhl zum Schutzschild und zur Waffe. So ein Rollstuhl kann auch ganz schön weh tun.

Zudem hat man in einem Rollstuhl, in dem man immer sitzt und diesen kennt eine viel selbstbewusstere Ausstrahlung. Dies wiederum hat eine deeskalierende Wirkung. 

Und überlegt mal! Wenn mir jemand eine auf die Nase geben will, dann ich doch nicht sagen: „Warte mal bis ich mich in den Karate-Rollstuhl gesetzt habe!“

Dieses Gefühl, was ich habe, weil ich meinen Rollstuhl beherrsche und ihm vertrauen kann, hilft mir auch in meinem Wettkämpfen weiter.  Im Para-Karate, genauer in der Disziplin Kata-Rollstuhl kommt es zum Einen auf die korrekte Ausführung der Kata an. Zum Anderen aber auch auf Ausstrahlung und Dynamik.

Ich beherrsche meinen Rollstuhl schon sehr gut. Lerne aber immer wieder im Training bei meinem Sensei Lothar J. Ratschke wie ich Karate-Techniken und die Bewegung des Rollstuhles noch besser nutzen kann.