Europäischer Parkausweis für Menschen mit Behi...

Europäischer Parkausweis für Menschen mit Behinderung: Ein notwendiger, aber hinderlicher Luxus

Europäischer Parkausweis für Menschen mit Behinderung: Ein notwendiger, aber hinderlicher Luxus

Die Hürden in Deutschland für Menschen mit Behinderung sind ein Spiegelbild unserer Bürokratie. Ein besonders schillerndes Beispiel ist der europäische Parkausweis für Menschen mit Behinderung, der in der Theorie grenzenlose Mobilität bieten soll, aber in der Praxis eine reine Zumutung darstellt. Warum? Weil er alle fünf Jahre neu beantragt oder verlängert werden muss – und das in einer Behörde, die sich so gut wie unzugänglich für Rollstuhlfahrer zeigt. Aber keine Sorge, Deutschland hat ja die UN-Behindertenrechtskonvention unterschrieben. Ach ja, Moment… das bedeutet ja in der Realität: nichts.

Die Absurdität der Verlängerung des Behindertenparkausweises

In Deutschland gibt es eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen, die Menschen mit Behinderung unterstützen sollen. Der europäische Parkausweis ist dabei ein scheinbar großzügiges Angebot: eine Berechtigung, die es ermöglicht, auf Behindertenparkplätzen zu parken und bestimmte Parkregelungen zu umgehen. Aber damit hört der Service auch schon auf. Nach maximal fünf Jahren verliert dieser Ausweis seine Gültigkeit und muss verlängert werden – natürlich in einer Behörde. Denn was gibt es Schöneres, als als Rollstuhlfahrer in ein nicht barrierefreies Gebäude zu rollen?

Die Praxis sieht vor, dass dieser Ausweis nach fünf Jahren ungültig wird und erneut beantragt werden muss. Es gibt sogar ein Gesetz dazu, oder besser gesagt, zwei. Einerseits das Sozialgesetzbuch IX (SGB IX), welches die Schwerbehindertenausweise regelt, und andererseits das Straßenverkehrsgesetz (StVG) sowie die Straßenverkehrsordnung (StVO) mit der zugehörigen Verwaltungsvorschrift (VwV-StVO) zur Ausstellung und Verlängerung der Parkkarte. Weder das eine noch das andere geben eine Frist vor, wann die jeweilge Parkkarte erneuert werden muss. Vielmehr soll sich die verwaltungstechnische Handhabung an der zum Reisepass orientieren. Eine Verwaltung, zwei Gesetze, maximaler Aufwand. Willkommen in der deutschen Bürokratie!

Mein Erlebnis mit der Stadt Erfurt – eine Chronik des Scheiterns

Ich habe meinen Parkausweis alle fünf Jahre bei der unteren Verkehrsbehörde in Erfurt verlängern lassen müssen. Dabei durfte ich mir die Frage stellen, wie man es schafft, im Jahr 2024 noch immer an Strukturen aus dem letzten Jahrhundert festzuhalten. Ein Beispiel gefällig? Die Behörde, die für die Verlängerung des Parkausweises zuständig ist, befindet sich in einem Gebäude in der Johannesstraße – ein Gebäude, das weder barrierefrei noch behindertengerecht ist. Klingt doch wie ein Witz, oder?

Als Rollstuhlfahrer ist es ein Erlebnis der besonderen Art, auf einem engen Gehweg abzufertigen zu werden, während Passanten genüsslich über die Schulter schauen können. Datenschutz? Pustekuchen! Man fühlt sich nicht nur behindert, sondern auch entmündigt, während man auf den Straßen von Erfurt im Regen seine Angelegenheiten klären muss. Meine konstruktiven Vorschläge, diesen absurden Prozess in ein barrierefreies Gebäude, wie den Bürgerservice, zu verlagern, wurden bisher freundlich ignoriert.

Der unfreiwillige Sarkasmus der Stadtverwaltung

Ein kürzliches Erlebnis mit der Stadt Erfurt bringt das Dilemma auf den Punkt. In meiner Anfrage vom 27. September 2024 schilderte ich die Problematik der anstehenden Verlängerung meines Parkausweises. Ich machte darauf aufmerksam, dass ich beruflich stark eingespannt bin und aufgrund meiner Mobilitätseinschränkung Schwierigkeiten habe, die Verlängerung zu erledigen. Doch anstatt pragmatischer Lösungen wurde mir mitgeteilt, dass ich den Ausweis erst 14 Tage vor Ablauf verlängern darf. Grund? Es gibt keinen! Es wurde einfach „festgelegt“.

Der zuständige Abteilungsleiter antwortete, dass es für die Behörde „unumgänglich“ sei, diese Regelung anzuwenden, um „Gleichbehandlung“ zu gewährleisten. Gleichbehandlung? Als Rollstuhlfahrer im Winter bei Eis und Schnee vor der Behörde warten? Ja, das ist wohl das neue Verständnis von Gleichheit.

UN-Behindertenrechtskonvention: Recht ohne Konsequenzen?

Es wird immer wieder gern darauf verwiesen, dass Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert hat. Diese Konvention fordert unter anderem, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigten Zugang zu öffentlichen Einrichtungen und Dienstleistungen haben. Das klingt großartig auf dem Papier, aber in der Praxis haben diese Versprechen wenig Gewicht. Das Deutsche Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ergänzen diese Forderungen – theoretisch. Denn was passiert, wenn die Rechte nicht umgesetzt werden? Nichts. Es fehlen Sanktionen, es fehlt an Konsequenzen.

Die Stadt Erfurt hat bereits im Jahr 2020 erkannt, dass die Situation untragbar ist. Es wurde damals in einer Sitzung des Stadtrats beschlossen, eine barrierefreie und behindertengerechte Verfahrensweise für die Beantragung und Verlängerung von Parkausweisen sicherzustellen. Passiert ist seitdem? Genau, nichts.

Barrierefreiheit in Deutschland: Doppelmoral in Reinform

Wie oft habe ich den Satz gehört: „Wir müssen Menschen mit Behinderung das Leben leichter machen!“? Und wie oft wurde er in die Tat umgesetzt? Fast nie. Stattdessen sehen wir, wie Barrieren errichtet werden – sei es durch veraltete Verwaltungsverfahren oder durch bauliche Gegebenheiten, die nicht geändert werden, weil man keinen „Raum“ dafür hat.

Es ist kaum zu fassen, dass es in einer Stadt wie Erfurt nicht möglich ist, behinderte Menschen so zu behandeln, wie es ihnen zusteht. Es fehlen Büros, es fehlen Räumlichkeiten – so lautet die Ausrede. Aber ist es nicht eigentlich so, dass es an Flexibilität, Führungsstärke und vor allem am Willen fehlt? Denn wenn wir ehrlich sind, die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist nichts anderes als ein Menschenrecht. Und dieses Menschenrecht wird in Deutschland noch immer wie ein ungeliebtes Stiefkind behandelt. Hoch lebe das Helfersyndrom! Lieber Menschen abhängig machen, als sie in die Eigenständigkeit zu entlassen. Lieber mehr Verwaltung schaffen, als Lösungen zu finden.

Fazit: Wie wäre es mit weniger Bürokratie und mehr Lösungen?

Die deutsche Bürokratie hat es geschafft, selbst einfache Prozesse, wie die Verlängerung eines Parkausweises, zu einem administrativen Hindernis zu machen. Die Städte und Gemeinden müssen endlich anfangen, die UN-Behindertenrechtskonvention ernst zu nehmen und umzusetzen. Aber das erfordert nicht nur gute Absichten und dicke Gesetzesbücher, sondern auch Mut, Flexibilität und den Willen, die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung ernsthaft zu berücksichtigen.

In diesem Sinne: Hoch lebe die Bürokratie! Aber vielleicht wäre es an der Zeit, sie endlich abzubauen.


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